Wie oft haben wir uns im realen Leben von Gesang und Musik schon verzaubert gefühlt. In Magyra ist das wirklich so: Hier haben Lieder eine gewaltige Kraft. Eine Kraft, die Barden im Laufe ihrer langen Ausbildung sehr gezielt einzusetzen lernen. Der Gesang eines Barden kann die unglaublichsten Effekte haben. Einige wirst Du sicher beim Wandern durch Magyras Wunderwelten häufiger beobachten können, andere werden von der Gilde sorgsam geheim gehalten. Deswegen erzählt auch Borft im Tadmorer Rathaus nur zu einigen etwas. Dafür verrät er Dir aber, wie Du zur Gilde nach Ephesos auf Phrygia kommst.
Der leichte Wind trug die Feuchte des nahenden Gewitters durch das Lager. Die
Schwüle der Luft staute die durch das lange Warten verursachte Agression
der Soldaten zu einem gefährlichen Maß. Vor zwei Wochen zogen sie
aus um ihrem Herrn zu seiner Rache zu verhelfen ohne den Grund für seinen
Ärger zu kennen. Doch nun standen ihre Zelte in sicherer Entfernung zu
der unüberwindlichen Stadtmauer und ihre nach Blut dürstenden
Schwerter lagen untätig im Waffenzelt.
Von den kleinen Rangeleien und verbalen Attacken, die immer häufiger
unter den Soldaten ausbrachen, vertrieben saß Morison unter dem einzigen
Baum in der Nähe des Lagers. Seit er sich als kleiner Junge
eigenhändig eine Lyra baute träumte er davon als Musiker durch die
Welt zu ziehen und nahm, als die Armee aufbrach, die Gelegenheit wahr ohne
nachzudenken. Nun litt er, der kein Krieger war, am meisten unter dem
zurückgehaltenen Kampfeifer der Soldaten.
Plötzlich verstummten alle Geräusche um ihn herum und eine Gestalt
erschien wie aus dem Nichts. Noch während er fragte: „Wer bist Du?“
, erkannte er den Rachegott Monty Zuma. Dieser ignorierte die Frage und
sprach: „Morison, ich habe entschieden deinem Herrn seine verdiente Rache
zu gewähren und Du sollst dabei mein Werkzeug sein. Wenn die Sonne heute
Abend die Berge berührt wirst Du dich alleine vor das Tor der Stadt stellen
und das Lied spielen, das ich dir beibringe, auf dem Instrument, das ich dir
geben werde.“
Unter dem Spott und Gelächter sowohl der Feinde, als auch der eigenen
Leute, und dennoch mit der Gewissheit des Auserwählten stand er zu
gegebener Stunde vor dem Stadttor. Er hielt die bläulich schimmernde Duar
hoch und rief sich das magische Lied in Erinnerung. Dann begann er zu spielen.
Als die Luft um ihn herum die Schwingungen der Saiten aufnahm und an das
Gras, den Boden und das Stadttor weitergab, formte sich in seinem Geist ein Wort:
Resonanz . Die ganze Welt schien, von der Musik ergriffen, in sein
Lied mit einzustimmen, als im ersten Donner des einsetzenden Gewitters ein
blauer Blitz aus Morisons Duar schoß und das Stadttor in tausend Teile
sprengte.
Es war eine kurze und blutige Schlacht, als das Heer in die nun ungeschützte Stadt einfiel und aller Ärger der letzten zwei Wochen ein nicht mehr zu löschendes Feuer entfachte. Dennoch wollte sich niemand erinnern, wem der Sieg zu verdanken war, und so saß Morison danach wieder allein unter seinem Baum, als wieder eine Gestalt erschien. „Ich bin Pulami.“, sprach die Kreatur, „Ich habe entschieden dir den Ruhm, den Du dir heute verdient hast, zukommen zu lassen. Wenn einst Dein Herr und sein Sieg vergessen ist, wird man sich noch lange an Dich erinnern. Morgen früh wirst Du das Heer verlassen und ein Schiff nach Phrygia nehmen. Dort, in der Stadt Ephesos, wo die einst mächtige Gilde der Mathematiker dem Untergang geweiht ist, wirst Du einen Jungen namens Amati finden, der wie kein anderer die Kunst des Instrumentenbaus beherrscht. Mit ihm zusammen sollst Du die Bardengilde gründen und die Musik und ihre Magie lehren.“
Der leichte Wind trug den Geruch der verheißungsvollen Insel an seine Nase. Morison stand auf dem Schiff und lächelte, denn obwohl er nur mit seiner Duar und wenig Proviant aufgebrochen war, trug er die Gewißheit des Auserwählten im Herzen.