UNItopia News: Brett Smalltalk, Gruppe Gedichte, Artikel 514
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Titel: Zwicklbier
Artikel: 514 Bezug: 0
Verfasser: Judie Datum: 09.07.02 18:46:55
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So sitze ich wartend am Fasse voller Gier,
und hinter dem Spund reift das koestliche Bier.
Die Goetter verbieten jedoch den Genuss,
solange der Braeu drinnen fortreifen muss.
Doch treibt mir der Durst und das starke Verlangen,
das Truebe zu zapfen, die Glut in die Wangen.
Ich kanns nicht erwarten, - wie naechstens der Freier,
der unter dem Fenster der Braut zupft die Leier.
Ich eile zum Becher, zurueck dann zum Fass
und raube am Zwickel das urtruebe Nass.
So koestlich rinnt es wie Gold durch die Kehle,
dass immerfort zapfend ich Zwickelbier stehle.
Dann sinke ich still und gestillt voller Lust,
den Saeuglingen gleich, die vor maechtiger Brust
gesaettigt versinken im urtiefen Schoss.
Doch drunten im Keller da fehlt dieser bloss.
Auf steinhartem Boden im Rausch tief gefangen,
bedrohn mich dagegen die Goetter mit Bangen:
"Du sollst doch nicht saufen voll Gier wie ein Tier,
bevor es gefiltert und rein ist, das Bier.
Da wehrt sich empoert alle Kraft in der Seele.
"Nein, nein", schreit es trotzig mir raus aus der Kehle,
Der Vogel in Karlsruhe, in Muenchen der Spaten
und wie viele mehr von den kleinen Privaten
verzapfen den Urtrunk, und ihr stopft mir Knebel?
Da schwinden die Goetter ganz kleinlaut im Nebel.
Ich rufe und hoffe, dass sies noch vernahmen:
Drum saufe auch ich ihn und Basta und Amen!"
(Gilgamensch)