UNItopia News: Brett Smalltalk, Gruppe Diskussion, Artikel 1262
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Titel: Re: krieg
Artikel: 1262 Bezug: 1260
Verfasser: Pulami Datum: 06.03.03 13:36:46
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Hi!
Ich kann bisher an der Friedensbewegung gegen den Irak-Krieg nichts
antiamerikanisches, nichts antisemitisches und nichts rassistisches erkennen.
Das sind gerne Totschlag-Argumente, vor allem die letzten beiden.
Dass Saddam unbestritten ein grausamer Diktator ist, der keine
Massenvernichtungswaffen besitzen darf und unabhaengig vom Verbot auch nicht
besitzen sollte, ist keine Frage. Man muss hier aber die Gefahren eines
Fortbestandes von Saddams Diktatur gegen die Gefahren eines Krieges abwaegen.
Gefahr des Fortbestandes:
- Saddam knechtet sein eigenes Volk weiter, bringt jaehrlich soundsoviel
Menschen um.
Externe Gefahren bestehen nicht, da die irakische Armee nach allgemeiner
Auffassung zu keinem aussichtsreichen Krieg mehr faehig ist.
Gefahr des Krieges:
- Dieser Krieg destabilisiert die lokale Region. Als Beispiel dienen die
Kurden. Wenn diese im Zuge des Krieges ihre Unabhaengigkeit mitsamt den
riesigen Oelvorkommen um Mossul und Kirkud erklaeren, dann wird die
Tuerkei in den Irak einmarschieren, da sie ein unermesslich reiches und
unabhaengiges Irakisch-Kurdistan als Bedrohung ihrer territorialen
Integritaet ansieht.
- Dieser Krieg destabilisiert die Region. Die Aussenwirkung dieses Krieges
auf die Bevoelkerung in der arabischen Welt ist, dass die USA mal wieder
"in ihrer arroganten Selbstherrlichkeit" Entscheidungen ueber die
arabische Welt treffen und durchsetzen. Da die meisten Verbuendeten in
der arabischen Welt Diktatoren sind, ist die Demokratisierung als
Argument laecherlich. Es kann zu Aufstaenden in eben diesen Laendern
kommen, so dass sich dieser Krieg zu einem Flaechenbrand entwickelt. Mit
Toten, deren Anzahl unmittelbar in die zig Millionen geht und mittelbar
durch die Folgen auf die Weltwirtschaft in ebensolcher Groessenordnung:
Ein Flaechenbrand in der groessten Oelfoerder-Region der Welt wuerde die
Weltwirtschaft in ein Chaos stuerzen koennen, das sich niemand wirklich
ausmalen kann. Und ein wirtschaftliches Chaos hat meist Kriege im
Schlepptau, bei Zweifeln hole ich gerne die Nazi-Keule raus. Desweiteren
werden die Terroranschlaege gegen die USA und Israel eher deutlich zu-
als abnehmen.
- Wenn der Krieg nicht mit der einen gezielten Bombe auf Saddams Haupt am
ersten Tag zu Ende ist, dann kann er unter der irakischen
Zivilbevoelkerung Opfer in den Hunderttausendern fordern. Von den
Millionen von Fluechtlingen mit allem dazugehoerenden Elend mal
abgesehen.
Dazu kommt noch die hoechst fragwuerdige Argumentation der USA:
- Verbindung zu Al Kaida: Die ist unbewiesen. Sehr wohl lassen sich aber
Verbindungen zum Iran nachweisen.
- Demokratisierung des Irak: Den USA ging es noch in keinem Krieg seit dem
zweiten Weltkrieg darum. Um mit Heinrich Kissingers Worten zu sprechen:
"He is a Bastard, but he is our bastard!" Des weiteren haetten sie
diesbezueglich mehr als genug ungefaehrlichere Aufgaben auf der Welt.
Uebrigens: Das den USA verhasste Land Iran ist um Klassen demokratischer als
die verbuendeten Diktatoren der USA auf der arabischen Halbinsel.
Und dann das unausgesprochene Oel-Argument, das angesichts der Verbindungen der
US-Regierung zur Oelindustrie und der enorme wirtschaftlich Vorteil im Falle
eines REIBUNGSLOSEN schnellen Erfolges u. U. die zentralste Rolle in diesem
Krieg spielt.
Wenn die USA wirklich Ruhe vor den Terroranschlaegen bei sich und in Israel
haben wollen, dann sollten sie all ihr Gewicht in die Waagschale werfen, um den
Israel-Palaestina-Konflikt zu loesen. Ob die Tatsache, dass es dort kein Oel
gibt, etwas damit zu tun hat? Ein Schelm, wer boeses dabei denkt.
Gruss
Pulami