UNItopia News: Brett Smalltalk, Gruppe Diskussion, Artikel 1261

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Titel: Re: krieg
Artikel: 1261                                          Bezug: 1260
Verfasser: Fido                                        Datum: 06.03.03 13:08:09
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> ich frage mich, warum alle lediglich ein Problem mit
> den USA haben und nur so wenige auch ein Problem mit dem
> Terror-Regime des Iraks ...

Dafuer hat es schon einige Gruende, warum einige in der momentanen
Situation ein massives Problem in dem Vorgehen der USA haben.

Nur deshalb, weil die meisten gegen die USA auf die Strasse gehen, zu
folgern, dass nun alle daher automatisch die Verbrechen im Irak gutheissen
wuerden, ist schon mal eine falsche logische Schlussfolgerung. Dem ist
sicher nicht so.

Doch woher kommt das Problem, das momentan viele in dem Verhalten der USA
haben?

1. Die USA behaupten dies, die USA behaupten jenes - nur wirklich
ueberzeugende Beweise im UN-Sicherheitsrat haben sie bisher jedenfalls nicht
vorgelegt, und wenn sie ihre Geheimdienstinformationen an Blix gaben, waren
diese fuer ihn teilweise unbrauchbar.

Gleichwohl ist dadurch der Irak an die Wand gedraengt, und sicher
kooperativer als frueher.

2. Die USA planen einen Angriffskrieg, den sie wohl als Praeventivschlag
ansehen. Sie haben schon mehr als deutlich gemacht, dass sie auch dann
angreifen werden, wenn es nicht durch eine Resolution des Sicherheitsrates
gedeckt sein wuerde.

Das ist schon einer der beiden Knackpunkte. Sollten die USA das durchziehen,
verabschieden wir uns vom Voelkerrecht und begeben uns in eine Zeit, in der
internationale Konflikte wieder staerker mit dem Faustrecht ausgetragen
werden.

3. Viele unterstellen den USA in dem Konflikt primaer strategische und
wirtschaftliche Interessen.

Dies Vorwuerfe lassen sich nicht so einfach von der Hand wischen, wenn man
sich anschaut, wie stark die Oelindustrie in die US-Regierung involviert ist
(nach der Sicherheitsberaterin von Bush ist ein Oeltanker benannt, fast
jeder hatte in einer Oelfirma schon zu tun gehabt oder hat es noch) usw.usf.

Das ist der eine Grund; viele sind der Meinung, es ginge da im Grunde
einfach nur um das Erdoel und das man Hussein gleich mitentsorgen kann ist
ein positiver Nebeneffekt.

Die zweite Begebenheit momentan, die das noch stuetzt diese These, ist das
Verhalten der USA gegenueber Nordkorea, die wohl jetzt an einer Atombombe
bauen, und wo die USA bisher eine rein diplomatische Loesung anstreben.

Ausserdem hatten die USA seinerzeit Hussein unterstuetzt gehabt in der Zeit
des Krieges Irak gegen den Iran, ist also ein von den USA quasi
selbstgeschaffener Geist.

Beim ersten Golfkrieg der USA gegen den Irak lieferte der Irak selber durch
die Besetzung von Kuweit einen tragenden Kriegsgrund; jetzt aber ist alles
bisher nur ein recht diffuser Nebel, und vielen erscheinen die Gruende,
warum die USA den Irak angreifen wollen, diffus bis dubios.

4. Welche Bedrohung soll eigentlich vom Irak direkt ausgehen?

Das Land steht an der Wand, und die Massen von Waffen, sofern welche da
sind, die sie einsetzen koennten, sind nichts im Vergleich, was die USA,
Israel, Russland oder andere Laender innerhalb von fuenf Minuten gegen den
Irak zurueckschleudern koennten, wenn sie wollten.

Das kann es also nicht sein; es ist vielmehr eine praeventive Strategie der
USA, dem Terror seine Basis zu entziehen, die sie wohl auch
(verblendeterweise oder nuetzlicherweise, je nachdem, wie man es sieht) in
dem Irak sehen. Nur: wenn sie den Irak angreifen, wird der Terror nicht ab-,
sondern sicherlich in dramatischer Weise zunehmen und das Bild der USA in
der arabischen Welt nur noch mehr leiden.

Aber: diese Strategie kann nicht nur bei einem Land halt machen, es gibt
einige Laender, die die USA zu der sog. "Achse des Boesen" zaehlen, die
muessen sie dann alle abarbeiten, in welcher Weise auch immer. 

5. Wieso wurde die Chance im ersten Golfkrieg nicht genutzt und damals schon
Saddam Hussein entmachtet?

Das ist eine Sache, die ich absolut nicht verstehe. 

Krieg ist Krieg; die Zeit der Kabinettskriege, so wie es sie noch unter
Bismarck gab, sind spaetestens seit dem ersten Weltkrieg vorbei.

Es gibt ein Zitat eines alten und bekannten Militaertheoretikers, Carl von
Clausewitz (1.7.1780 - 16.11.1831), der da sagte: "Krieg ist die Fortsetzung
von Politik mit anderen Mitteln."

Eines der Ziele der UNO war es, von einem solchen Vorgehen endlich
wegzukommen; mit dem momentanen Verhalten der USA (ohne Ruecksicht auf
Verluste) steuern wir wieder auf eine Epoche hin eventuell, die unter dieser
Maxime stehen koennte, und das ist das Fatale.

Die Zeit der Kabinettskriege ist nunmal endgueltig vorbei, Krieg ist Krieg,
und auch wenn uns die weichgespuelten Bilder vom High-Tech- und
Praezisionskrieg mit hochtechnisierten Waffen vorgaukeln wollen, dass man
Krieg heute so praezise wie einen chirurgischen Eingriff fuehren koennte, so
ist dem nun einmal nicht so.

Bei Krieg leidet auch immer die Zivilbevoelkerung darunter, sei es durch
Massnahmen der eigenen Regierung oder sei es auch durch Massnahmen des
Aggressors.

Ich denke, jeder vernuenftig demokratisch denkende Mensch wird mir
zustimmen, dass es gut ist fuer den Irak, wenn das dortige durch eine
Demokratie ersetzt werden wuerde.

Allerdings ist die Frage, wie man das erreichen kann zum Einen; zum Zweiten
darf man nicht vergessen, es ist ein anderer Kulturkreis als der unsere, und
unsere Loesungsansaetze und Ideen muessen deshalb nicht unbedingt auch von
dem irakischen Volk geteilt werden und es kann durchaus 
auch einen Flaechenbrand entzuenden in der Region.

Gruss
Fido